Wenn der Schmerz bleibt – Chronischer Schmerz und Schmerzgedächtnis beim Hund

🐾 Wenn der Schmerz bleibt – Chronischer Schmerz und Schmerzgedächtnis beim Hund
„Wenn mein Hund Schmerzen hätte, würde ich das merken – oder?“
Diese Frage stellen sich viele Hundemenschen – und ich selbst habe sie mir auch lange gestellt.
Doch die Wahrheit ist: Hunde können Schmerzen über lange Zeit sehr gut verbergen. Besonders, wenn sie chronisch sind. Und selbst wenn die ursprüngliche Ursache längst behandelt wurde, kann der Schmerz im Körper weiter aktiv bleiben.
In diesem Beitrag möchte ich dir erklären, was chronischer Schmerz beim Hund bedeutet, wie das sogenannte Schmerzgedächtnis entsteht – und worauf du achten kannst.
📌 Was ist chronischer Schmerz?
Schmerz ist eigentlich etwas Gutes: Er schützt vor Verletzungen und zeigt, wenn etwas im Körper nicht stimmt.
Doch chronischer Schmerz funktioniert anders.
Er bleibt bestehen – auch dann, wenn die ursprüngliche Verletzung oder Erkrankung längst abgeheilt ist.
Beim Menschen ist das ein bekanntes Phänomen: Rückenschmerzen, Migräne, Gelenkschmerzen – ohne dass eine klare Ursache gefunden wird. Beim Hund ist es ähnlich. Nur, dass er es uns nicht sagen kann.
Viele chronische Schmerzen beim Hund zeigen sich in kleinen, schleichenden Veränderungen:
- Der Hund wird ruhiger oder meidet Bewegung.
- Er reagiert empfindlicher auf Berührungen.
- Er wirkt „komisch drauf“, schläft schlechter, ist unruhiger oder gereizter.
- Er wirkt steifer, langsamer – aber nicht auffällig lahm.
Diese Veränderungen sind leicht zu übersehen – oder werden mit dem Alter, Stress oder der Persönlichkeit erklärt.
🧠 Schmerzgedächtnis – wenn das Nervensystem den Schmerz „lernt“
Ein ganz wesentlicher Faktor bei chronischen Schmerzen ist das Schmerzgedächtnis.
Das bedeutet: Das Nervensystem hat den Schmerz gelernt.
Selbst wenn die ursprüngliche Wunde verheilt ist, senden die Nerven weiterhin Schmerzsignale – weil sie dauerhaft empfindlicher geworden sind.
Man spricht hier von einer sogenannten Sensibilisierung.
Ein bildlicher Vergleich:
Stell dir vor, dein Feueralarm geht los, weil du gekocht hast. Du lüftest, der Rauch ist längst weg – aber der Alarm hört nicht auf zu piepen.
So fühlt sich Schmerz mit aktiviertem Schmerzgedächtnis an.
🐕 Warum ist das beim Hund so schwer zu erkennen?
Hunde sind Meister im Kompensieren.
Sie verstecken Schmerzen – aus Überlebensinstinkt, aus Gewohnheit, aus Anpassung.
Viele zeigen erst sehr spät, dass etwas nicht stimmt.
Oder sie verhalten sich einfach „anders“:
- ziehen sich zurück
- zeigen plötzlich Unsicherheiten
- werden nervöser oder reizbarer
- meiden Berührungen oder gewisse Bewegungen
Und weil keine klare Ursache sichtbar ist, werden diese Signale leicht übersehen – oder falsch gedeutet.
Gerade bei Tierschutzhunden, Senioren oder sehr stillen, „braven“ Hunden ist das besonders herausfordernd.
🧘 Was bedeutet das für Training und Alltag?
Wenn ein Hund Schmerzen hat – und wir das nicht erkennen – gerät auch das Training schnell an Grenzen.
Was als „Ungehorsam“ oder „Problemverhalten“ erscheint, kann in Wahrheit ein körperliches Thema sein.
Ein Hund, der zögert, sich hinzulegen.
Ein Hund, der plötzlich nicht mehr ins Auto springen will.
Ein Hund, der im Training „nicht mitmacht“.
All das können Signale sein – nicht für Trotz, sondern für Unbehagen.
Deshalb ist es so wichtig, bei Verhaltensveränderungen immer auch körperlich hinzuschauen.
Nicht nur an der Oberfläche, sondern mit dem Blick auf tieferliegende Zusammenhänge.
💆 Wie kann Physiotherapie helfen?
In der Physiotherapie unterstützen wir Hunde dabei, Bewegung wieder als etwas Positives zu erleben.
Durch gezielte Mobilisation, manuelle Techniken, Massage und Körperarbeit kann Spannung reduziert, das Körpergefühl verbessert und das Nervensystem beruhigt werden.
Oft arbeite ich zusätzlich mit Übungen, die dem Hund helfen, sich selbst wieder besser wahrzunehmen – und seinem Körper zu vertrauen.
Physiotherapie kann dabei ein wichtiger Baustein im Umgang mit chronischen Schmerzen sein – ergänzend zur tierärztlichen Behandlung und ggf. medikamentösen Unterstützung.
🐾 Fazit: Hinsehen, auch wenn nichts „offensichtlich“ ist
Chronischer Schmerz ist oft unsichtbar – aber sehr real.
Wenn du das Gefühl hast, dein Hund verändert sich –
wenn du Verhaltensweisen beobachtest, die du dir nicht erklären kannst –
oder wenn du einfach ein „komisches Gefühl“ hast:
👉 Vertrau deinem Bauchgefühl.
Und scheue dich nicht, einen Tierphysiotherapeutin oder Tierärzt*in um eine Einschätzung zu bitten.
Denn manchmal macht genau das den Unterschied:
Der Moment, in dem jemand hinschaut – und nicht einfach abwartet.
Du bist unsicher, ob dein Hund Schmerzen hat oder ob etwas anderes dahintersteckt?
Ich schaue gerne gemeinsam mit dir genauer hin.
Melde dich einfach bei mir – per Mail, Anruf oder über meine Website.